Von Ralf Keuper

In der Vergangenheit wurde das Besondere als Kontrast zum Allgemeinen wahrgenommen. Etwas Besonderes war von der Anzahl her gering, beim Kunstwerk sogar nur einmalig. Mit der Digitalmoderne nun kommt es zu dem auf den ersten Blick paradoxen Phänomen, dass sich das Besondere in Form von Singularitäten massenhaft verbreitet. Der alte Gegensatz scheint hinfällig geworden zu sein. In seinem vielbeachteten Buch Die Gesellschaft der Singularitäten beschreibt Andreas Reckwitz diesen Wandel, der für den Übergang von Industriegesellschaft hin zur Spätmoderne oder Digitalmoderne steht:

Die Überlagerung der alten Logik des Allgemeinen der Industriegesellschaft durch eine soziale Logik des Besonderen der Spätmoderne betrifft letztlich und in außerordentlichem Maße die Formen des Sozialen, des Kollektivs und des Politischen zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Singualrisiert werden keineswegs nur Individuen oder Dinge, sondern auch Kollektive.

Über den Vorgang der Singularisierung:

Die Singularitäten sind nicht kurzerhand objektiv oder subjektiv vorhanden, sondern durch und durch sozial fabriziert. Was als eine Einzigartigkeit gilt und als solche erlebt wird, ergibt sich, .., ausschließlich in und durch soziale Praktiken der Wahrnehmung, des Bewertens, der Produktion und der Aneignung, in denen Menschen, Güter, Gemeinschaften, Bilder, Bücher, Städte, Events und dergleichen singularisiert werden.