Bei den digitalen Identitäten handelt es sich um ein abstraktes Thema. Das führt schnell dazu, dass die Menschen dahinter ausgeblendet werden. Zum Beispiel diejenigen, die sich mit der Konzeption und Entwicklung beschäftigen – wie Vittorio Bertocci, der vor wenigen Tagen einem Krebsleiden erlag.

In dem Nachruf von Auth0 heißt es[1]And Just Like That, He’s Gone:

Vittorio war in der Identitätsbranche für viele Dinge bekannt. An erster Stelle stand natürlich seine technische Kompetenz: Nur wenige Menschen auf der Welt kannten sich so gut mit Identitäten aus wie Vittorio. In vielerlei Hinsicht trug er dazu bei, Identität als Industrie zu schaffen und nicht als nachträgliche Idee. Vittorio saß im Vorstand der OpenID Foundation, verfasste zwei IETF RFCs, die Teil des OAuth 2.0 Protokolls wurden, arbeitete eng mit der FIDO Alliance zusammen und hatte großen Einfluss auf die Produkt-Roadmaps von Auth0 und Okta.

Vittorio war überlebensgroß. Seine Geschichte ist eine inspirierende Geschichte über bescheidene Anfänge und ein Zeugnis dafür, was man mit Leidenschaft, Tatkraft und Ausdauer erreichen kann. Er war ein Titan, der die Identitätsindustrie maßgeblich geprägt und dabei viele Herzen gewonnen hat. Obwohl seine Zeit bei uns nie lang genug sein kann, gibt es keinen Mangel an Dingen, die man an Vittorio Bertocci feiern kann.

Geboren in einem kleinen Dorf in Italien als 10. Kind eines Hausmeisters, war Vittorios Weg auf die internationale Bühne ein hart erarbeiteter. Er arbeitete unermüdlich, um die Schule zu absolvieren, und mit der Liebe und Unterstützung seiner Familie und seiner Frau wuchs sein Einfluss und sein Fachwissen stetig bis hin zur weltweiten Anerkennung.

Vittorio ist ein Veteran in der Identitätsbranche und hatte eine lange Karriere bei Microsoft, wo er mit Fortune-100- und Global-100-Unternehmen zusammenarbeitete. Er trug zur Gründung und Einführung von Microsofts Claims-basierten Plattformkomponenten bei (Windows Identity Foundation und ADFS, ADAL und MSAL SDKs und ASP.NET Middleware).

Bei Auth0 und Okta war Vittorio ein langjähriger Mitwirkender und Vordenker in allen Aspekten der Identitätsbranche und -domäne. Seine vorausschauenden Kommentare machten ihn zu einer gefragten Stimme bei Branchenveranstaltungen weltweit, darunter Identiverse, BUILD, PDC, TechEd, EIC, Cloud Identity Summit und viele andere.

Jörg Resch schreibt[2]In Loving Memory of Vittorio Bertocci: A Guiding Light in the Digital ID Community:

Die Trauer ist groß, nicht nur als Freunde, die die aufschlussreichen Gespräche bei einem Kaffee vermissen werden, sondern auch als Mitglieder der Digital ID-Gemeinschaft. Wir haben einen Leitstern verloren. Bei Vittorios Innovationen ging es nicht nur um das nächstbeste Produkt oder die nächstbeste Lösung, sondern darum, eine Welt zu schaffen, in der unser digitales Selbst geschützt, geehrt und nahtlos in unser reales Leben integriert ist. Seine Visionen für die Zukunft waren großartig, doch sie basierten auf einem tiefen Verständnis der Gegenwart.

Der Krebs mag Vittorio von uns genommen haben, aber sein Vermächtnis bleibt unauslöschlich. Jede Keynote, jeder Workshop, jeder lockere Plausch am Kaffeestand der Konferenz zeugt von dem Mann, der an eine digital sichere Zukunft glaubte und sich mit ganzer Seele dafür einsetzte, sie Wirklichkeit werden zu lassen.

Nishant Kaushik[3]And Just Like That, He’s Gone:

Natürlich haben wir alle das Gefühl, ihn zu “kennen”, denn er war schon immer eine überlebensgroße Persönlichkeit, die an vorderster Front unserer Branche agierte, die Entwicklung einiger der wichtigsten Industriestandards vorantrieb und die Bemühungen anführte, Technologen auf der ganzen Welt durch seine Konferenzvorträge und Lehrvideos, Blogs und Artikel zu informieren. Sein Enthusiasmus, sein Humor und sein umfassendes Wissen machten seine Vorträge selbst zu den trockensten Themen ansprechend und effektiv. In den sozialen Medien war er unglaublich offen und teilte alles mit, von seinen Reiseerlebnissen über seine Experimente zur Verfolgung von Gesundheitsdaten bis hin zu seinen Missgeschicken bei der Namensgebung von Starbucks. Er war immer bereit, sich mit jedem und jeder auf ein Gespräch über eine Vielzahl von Themen einzulassen – über Identität, über Bücher und Science-Fiction, über Philosophie. Und er scheute sich auch nicht, seine Meinung zu sagen. Vor allem aber war er immer bereit, jemandem zu helfen, der sich in unserer komplexen und verwirrenden Welt der Identität zurechtfindet. Er sagte oft, dass dies auf seinen Narzissmus zurückzuführen sei. Aber selbst wenn das wahr wäre, so war es doch im Kern sein Wunsch, dafür zu sorgen, dass wir alle daran arbeiten, die Identität zu verbessern.