Von Ralf Keuper
Der Begriff der Identity Economy ist nicht neu; so weit ich weiß, waren es George Akerlof und Rachel Kranton, die als Erste von Identity Economics sprachen. Als wegweisend gilt der Artikel Economics and Identity aus dem Jahr 2000. Leitende Annahme ist, dass Mitarbeiter bei der Wahl eines Arbeitgebers neben finanziellen Kriterien auch berücksichtigen, inwieweit das Unternehmen zu ihrem eigenen Selbst-Bild, ihrer Identität passt.
Demgegenüber verstehen wir hier Identität in ihrer digitalen, elektronischen Ausprägung als Mittel, um an der Internet-Ökonomie teilhaben zu können. Die Identität dient hier zuerst zur Verifikation und Authentifizierung, danach, um sich als Person im Internet zu präsentieren. Die digitale Identität ist mit der physischen nur bedingt deckungsgleich, d.h. die Person kann verschiedene Rollen spielen oder nur bestimmte Aspekte, Attribute ihres Selbst offenlegen, so dass eine eindeutige Identifizierung, Repräsentation der Person nicht immer möglich und auch nicht nötig ist. Körperliche Merkmale werden über biometrische Verfahren, wie Irisscann, Fingerpinting und Voice Recognition, berücksichtigt.
Auf diesem Blog gehen wir davon aus, dass, trotz der Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz, der Mensch nicht ersetzt werden kann, da die menschliche Erkenntnis in hohem Maß an den physischen Körper gebunden ist, wie z.a. Antonio Damasio, aber auch andere, darunter Karl Popper und John Eccles, gezeigt haben. Kurzum: Die digitale Identität ist letztlich ein unvollständiges Abbild des menschlichen Selbst.
Trotz der genannten Einschränkungen vertreten wir hier die Überzeugung, dass die Digitale Identität – zwangsläufig – die Funktion eines Zahlungsmittels erlangt, insofern, als die Teilnahme am Wirtschaftsleben in der Digitalmoderne – in den meisten Fällen – eine verifizierte Digitale Identität voraussetzt. In gewisser Hinsicht gilt hier der Spruch “Bezahlen Sie mit Ihrem guten Namen” oder das, was der französische Soziologie Pierre Bourdieu als “Symbolisches Kapital” bezeichnete. Doch damit nicht genug: Mindestens ebenso wichtig sind die Identitäten der technischen Objekte, mit denen die menschliche Person in Kontakt steht oder deren Eigentümer/Besitzer sie ist, wie Connected Cars, Smart Home oder ganz allgemein das Internet of Things. In der Summe ergibt das eine andere Form der Ökonomie, die weit über das eingangs erwähnte Modell von Akerlof und Kranton hinausweist, da sie nahezu alle Aspekte der Lebenswirklichkeit der Menschen erfasst – mit allen Vor- und Nachteilen. Die Frage der Datensouveränität und der Bedarf an Applikationen, die dabei Unterstützung leisten, werden in den nächsten Jahren an Dringlichkeit zunehmen.
Die Identity Economy setzt sich zusammen aus Vertrauensnetzwerken, deren Aufgabe darin besteht, für die sichere Identifizierung der Personen, Unternehmen und Geräte ebenso wie für die Integrität der ausgetauschten Daten zu sorgen, ohne dabei die Menschen zu bloßen Objekten zu degradieren.