Von Ralf Keuper

Der Einsatz der Blockchain-Technologie beim Austausch von Daten zwischen Unternehmen stösst in der Praxis noch auf viele Hürden. Häufig sind die Anwendungsfälle zu komplex. Der Aufwand, um zu einer gemeinsamen Sprachregelung und Sichtweise zu gelangen, wird meistens unterschätzt. Insofern ergibt es durchaus Sinn mit einem Vorgang zu starten, der auf den ersten Blick wenig Interpretationsspielraum zulässt: Der Palettentausch.

Unter der fachlichen Leitung von GS1 Germany ging im vergangenen Jahr das Projekt Palettentausch per Blockchain an den Start, mit dem Ziel, den digitalen Palettenschein einzuführen (Vgl. dazu: Palettenchaos adé?). Derzeit werden 300 Millionen Vorgänge beim Palettentausch in Europa dokumentiert. Standardisierung könnte hier zu einer deutlichen Effizienzsteigerung führen.

Der Projektfortschritt wurde in mehreren Beiträgen auf dem GS1-Blog festgehalten, wie in

Projektteam blickt auf Nutzer

Blockchain ist kein Plug’n’Play

Was haben (GS1) Standards mit Blockchain zu tun?

Identitätsmanagement in Blockchain-Projekten: Erfahrungen und Ausblick

Während des Projektverlaufs sind die Erwartungen, so die Projektleiterin Regina Haas-Hamannt von GS1, gestiegen, da auf einmal weitere Aspekte in den Blick gerieten, die bis dahin nicht berücksichtigt hatte. Der Scope ist gewachsen. Eine wichtige Erkenntnis war, dass ohne die entsprechende Basis-Infrastruktur die Digitalisierung ob mit oder ohne Blockchain schnell an ihre Grenzen kommt. In den meisten Lagerhallen lässt das WLAN keine Verbindung mit externen Geräten zu (Vgl. dazu: Netzabdeckung als Show-Stopper).

Die wesentlichen Erkenntnisse wurden in Was kann Blockchain wirklich? Ergebnisse aus dem Pilotprojekt „Palettentausch mit Blockchain-Technologie“ dokumentiert.

Einige Punkte daraus:

Mehrwert durch bestehende Systeme
Blockchain schafft durch die Anbindung an bestehende, etablierte Systeme und Lösungen Synergien und Mehrwert. Hierzu gehören beispielsweise GS1 Standards zu Identifikation und Datenaustausch sowie auch ERP-Systeme und Warenwirtschaftssysteme. Die Verständigung auf solche Standards reduziert die Projektdauer signifikant. Sinnvoll ist, die Systemarchitektur erweiterbar aufzubauen oder anpassbar auf bestehende Systeme. Nicht zu vergessen: Welche Datenformate sollen gemeinsam mit den Geschäftspart- nern genutzt und ausgetauscht werden?

Governance ist komplexer als Technologie
Technologische Fragen wie die Auswahl der passenden Blockchain-Tech- nologie sind meist einfacher zu lösen als das „Drumherum“. Dazu gehören zum Beispiel die Initiierung eines Unternehmens-Netzwerks, die Festlegung von Teilnahme-Regeln, Lese- und Schreiberechten, die allgemeine Governance oder auch die Finanzierung des Netzwerkes. Vor dem Start der technischen Programmierung gilt es darum kritisch zu prüfen und abzustimmen, welche Teilnehmer zu welchen Bedingungen an einer Blockchain mitwirken dürfen.

Paradigmenwechsel heißt Veränderung
Blockchain erfordert als dezentrale Peer-to-Peer-Technologie, dass B2B- Beziehungen in einer neuen Art gedacht werden. Ihr Einsatz zieht für viele Unternehmen vollkommen neue Organisationsstrukturen, Prozessabläufe und Machtverhältnisse nach sich und schafft neue Gesetzmäßigkeiten
im Umgang mit Geschäftspartnern. Blockchain folgt einer anderen Logik der Kollaboration als die meisten Branchen bisher kennen. Sind diese Veränderungen erwünscht? Wie schnell lässt sich ein solcher Kulturwandel realisieren?

Die Lernkurve in dem Projekt war ausgesprochen steil, so Regina Haas-Hamannt weiter. Deshalb haben einige Projektteilnehmer die Absicht bekundet, das Blockchain-Projekt weiter führen zu wollen. Die Beschäftigung mit dieser neuen Technologie, diesem neuen Paradigma erscheint somit für einige Unternehmen sinnvoll. Insgesamt also ein erfolgreiches Projekt mit greifbaren Ergebnissen, wie der Praxistest gezeigt hat (Vgl. dazu: Nagelprobe Praxistest: Erkenntnisse aus dem echten Leben).

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