Von Ralf Keuper
In einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin brand eins (4/2016) äußerte der Philosoph Luciano Floridi sein Unbehagen darüber, dass Menschen im Internet als “Data subject” behandelt werden:
brand eins: Wird nicht gerade in Europa einiges getan, um die Macht der großen Netzwerke zu begrenzen? In Deutschland ermittelt inzwischen auch das Kartellamt.
Floridi: Das ist schon richtig, aber gleichzeitig wird der Mensch in Brüssel als „data subject“ beschrieben. Wenn man aber als Datenquelle beschrieben wird, ist klar, dass man als solche auch ausgebeutet werden kann. Das ist mehr als Semantik, das ist eine Frage der Perspektive. Die Onlinegesellschaft ist keine Gemeinschaft von Individuen, sondern ein Konglomerat von Typologien. Ich bin ein Italiener, der in Oxford lebt, Brille trägt, ein Auto hat und so weiter. Das ist mein Profil – und wenn ich ins Internet gehe, wird mir ein Squashschläger angeboten.
brand eins: Was ist daran schlimm? Sie müssen ihn ja nicht kaufen.
Dass man die Individualität verliert. Und zwar nicht nur in den Netzwerken und Onlinediensten, sondern überall dort, wo wir gemanagt werden. Bis gestern war ich im Fall des Falles Bankkunde oder Steuerzahler. Heute wird mir eine Typologie zugeschrieben, die an mir haftet. Auch wenn wir uns inzwischen verändert haben, weist uns die Typologie immer noch als wohnungssuchend oder sportbegeistert aus.
Weiterführende Informationen:
Die 4. Revolution – Wie die Infosphäre unser Leben verändert
Im Gespräch: Luciano Floridi„Wir brauchen eine neue Definition der Realität“