Von Ralf Keuper

Die vernetzte Wirtschaft setzt einen sicheren und störungsfreien Daten- und Informationsaustausch zwischen den Akteuren (Menschen, Maschinen und Unternehmen) voraus. Dafür werden entsprechende Infrastrukturen, Regeln, Institutionen und Technologien benötigt. Vieles davon ist zwar heute schon, z.B. durch Cloud-Services, vorhanden; jedoch geraten die Unternehmen häufig in ein Abhängigkeitsverhältnis von dem jeweiligen Anbieter. Ein Anbieterwechsel ist häufig mit hohem Aufwand verbunden; die Datengravitation kann sogar dazu führen, dass er unmöglich wird. Die Unternehmen reagieren darauf u.a. mit der Anwendung einer Multi-Cloud-Strategie. Dabei werden die kritischen Daten in einer privaten, die weniger sicherheitsrelevanten in einer Public-Cloud gespeichert. Viele Unternehmen setzen auf mehr als nur einen Anbieter.

GAIA-X 

Um den Unternehmen ein Mindestmaß an Flexibilität und Unabhängigkeit zu ermöglichen, hat die Bundesregierung zusammen mit der Wirtschaft GAIA-X ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um keinen weiteren Hyperscaler wie die Cloud-Lösungen von Google, Microsoft, Amazon und Alibaba. GAIX-X fungiert als Vertrauensanker und Dateninfrastruktur[1]Das Projekt GAIA-X. Eine vernetzte Dateninfrastruktur als Wiege eines vitalen, europäischen Ökosystems.

IDSA 

Komplementär zu GAIA-X verhält sich die International Data Spaces Association (IDSA). Deren Hauptprodukt ist der IDS-Connector[2]Der IDS Connector – Vertrauensanker für das industrielle Internet der Dinge. Die IDSA wurde von großen Unternehmen und mittelständischen Betrieben ins Leben gerufen. Über die Jahre wurden eine Referenzarchitektur[3]Reference Architecture Model und ein offener Standard definiert[4]IDS is Officially a Standard: DIN SPEC 27070 is Published.

Truzzt 

Truzzt bietet drei Kernservices (Essential Services) an:

  1. Eindeutige Identifikation von Personen und Maschinen
  2. Sicherer Datenaustausch durch den IDS-Connector
  3. Zertifizierung der IDS-Nutzer

Die Konzeption ist das Eine, die Umsetzung in die betriebliche Praxis das Andere. Letztgenannte Aufgabe fällt in das Ressort der noch in Gründung befindlichen Truzzt SE & Co. KGaA.

Truzzt operiert als Integrator und Serviceprovider. Truzzt sorgt dafür, dass die Unternehmen ihre Datensouveränität behalten und die Konditionen für den Austausch eingehalten werden.

Von ebenso großer Bedeutung ist, dass die Identität der Austauschpartner eindeutig verifiziert ist.

Auf dem Weg zu einem digitalen europäischen Vertrauensnetzwerk

In der Plattform- und Datenökonomie mit ihrer Tendenz zur Bildung großer dominierender Akteure, wie Google, Microsoft, Amazon oder Alibaba, fehlt bislang eine europäische Alternative. Nachdem das B2C-Geschäft weitgehend in US-amerikanische und asiatische Hände gewandert ist, kommt es nun darauf an, diese Entwicklung im B2B-Bereich zu verhindern. Alleine ist kein europäisches Land und auch kein Unternehmen in der Lage, ein echtes Gegengewicht zu Google & Co. zu bilden. Soviel Realitätssinn muss sein. Einen europäischen Hyperscaler braucht niemand. Ohne einen digitalen EU-Binnenmarkt und ohne ein Mindestmaß an Zentralisierung/Standardisierung werden die diversen Initiativen scheitern. Europas Stärke, manchmal aber auch Nachteil, besteht in seinem föderativen Aufbau. Dies begünstigt die Entstehung von Netzwerken, wie im Mittelalter in Gestalt der Hanse. Um das Vertrauensnetzwerk herum, das GAIA-X, IDSA, Truzzt und die weiteren Akteure bilden, entstehen im Idealfall digitale Ökosysteme, wie wir sie von Apple und seinem Apple Store kennen. Nur diesmal mit der Möglichkeit für die Unternehmen und Personen, Einfluss auf die Vertragsgestaltung zu nehmen.