Meiner Meinung nach besteht die ganz große Herausforderung –  nicht für die großen Konzerne, sondern für die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen – darin, zu verstehen, was die Digitalisierung mit sich bringt. Es reicht nicht mehr, nur ein Produkt zu verkaufen, sondern es müssen auch neue Produkte aus den Daten um die Produkte herum geschaffen werden. Es müssen ganz andere Kunden-Produzenten-Beziehungen aufgebaut werden. In diese Kunden-Produzenten-Beziehungen drängen sich internationale Unternehmen als Intermediär, als Plattform, die zwischen Kunden und Unternehmen vermittelt, hinein. Wenn unsere Unternehmen ihre Daten nicht selber managen, sondern irgendwo speichern, weil sie selber die Möglichkeiten dazu nicht haben, dann kann es passieren, dass wir in Deutschland immer mehr zur verlängerten Werkbank werden, weil wir an wesentlichen Teilen der neuen Wertschöpfung nicht teilnehmen. Das muss aber nicht so kommen. Wir müssen – und wenn ich sage “wir”, dann meine ich einerseits den Staat, aber eben auch die Unternehmen selbst –  sehr schnell diesen Weg der Digitalisierung und der damit veränderten Wertschöpfung gehen. …

Auf die Fragen, was mit den Daten passiert und welche Rolle das Individuum hat, gibt es sehr spezifische europäische Antworten, von denen ich glaube, dass sie durchaus in der Welt anerkannt werden. Nehmen Sie zum Beispiel die Datenschutzgrundverordnung oder die Frage der Datenethik. Ich bin überzeugt, dass die persönlichen Daten weder dem Staat noch den Unternehmen gehören, sondern es muss sichergestellt sein, dass der Einzelne Souveränität über seine eigenen Daten hat und entscheiden kann, wem er sie zu welchem Zweck gibt. 

Das ist eine sehr europäische Ausprägung dessen, wie wir die Digitalisierung gestalten. Dabei stellen sich natürlich viele Fragen. Vor allem haben wir in Europa die Neigung, bei manchen Themen sehr langsam zu sein. Wir müssen schneller werden. Aber das liegt ja in unserer eigenen Hand. 

Quelle: Interview der Bundeskanzlerin mit der “Financial Times”