Von Ralf Keuper

Vor wenigen Tagen hat die EU-Kommission die Eckpunkte einer europäischen Datenstrategie vorgestellt.

Zielsetzung:

Ziel ist die Schaffung eines einheitlichen europäischen Datenraums, eines echten Binnenmarkts für Daten, der für Daten aus aller Welt offensteht, in dem sowohl personenbezogene als auch nicht-personenbezogene Daten, darunter auch sensible Geschäftsdaten, sicher sind und in dem Unternehmen auch leicht Zugang zu einer nahezu unbegrenzten Menge hochwertiger industrieller Daten erhalten.

Der Aufbau von Datenräumen:

Datenräume sollten ein Ökosystem (aus Unternehmen, Zivilgesellschaft und Einzelpersonen) fördern, das neue Produkte und Dienstleistungen auf der Grundlage von mehr zugänglichen Daten hervorbringt. Politik und Behörden können für eine größere Nachfrage nach datengestützten Angeboten sorgen, indem sie zum einen die eigene Fähigkeit des öffentlichen Sektors steigert, selbst Daten für Entscheidungsprozesse und öffentliche Dienstleistungen zu verwenden, und zum anderen die Regulierung und die sektorspezifischen Maßnahmen so umgestalten, dass sie den durch Daten entstehenden Möglichkeiten gerecht werden, und sich vergewissern, dass keine Negativanreize für eine produktive Datennutzung bestehen bleiben.

Voraussetzungen für einen europäischen Datenraum:

Das Funktionieren des europäischen Datenraums wird davon abhängen, ob die EU hinreichend in Technologien und Infrastrukturen der nächsten Generation sowie in digitale Kompetenzen, wie z. B. in Datenkompetenz, investieren kann. Dies wiederum wird die technologische Unabhängigkeit Europas im Bereich der Schlüsseltechnologien und -infrastrukturen für die Datenwirtschaft stärken.

Zur Rolle von Datenpools:

Die Infrastrukturen sollten die Schaffung europäischer Datenpools unterstützen, die Massendatenanalysen und maschinelles Lernen in einer Weise ermöglichen werden, die mit dem Datenschutz- und Wettbewerbsrecht vereinbar ist und datengetriebene Ökosysteme entstehen lässt. Solche Datenpools können zentral oder dezentral organisiert werden. Wer selbst Daten einspeist, würde dafür im Gegenzug einen größeren Zugang zu Daten anderer Einspeiser, zu Analyseergebnissen aus dem Datenpool, zu Dienstleistungen wie vorausschauenden Wartungsleistungen oder aber Lizenzgebühren erhalten. Daher müssen sektorübergreifende Maßnahmen zur Schaffung eines europäischen Datenraums gerade in strategischen Bereichen wie Fertigung, Landwirtschaft, Gesundheit und Mobilität mit der Entwicklung sektorspezifischer Datenräume einhergehen.

Blockchain, Treuhänder und Datengenossenschaften

Dazu gehören Werkzeuge für die Verwaltung von Einwilligungen, Apps für die Verwaltung persönlicher Informationen, darunter auch vollständig dezentrale Lösungen, die auf Blockchain-Technik beruhen, sowie Genossenschaften oder Treuhänder für personenbezogene Daten, die als neuartige neutrale Vermittler im Wirtschaftszweig der personenbezogenen Daten dienen. Derzeit stecken solche Instrumente zwar noch in den
Kinderschuhen, sie haben aber ein erhebliches Potenzial und brauchen ein unterstützendes Umfeld.

Interoperable Datenräume in strategischen Sektoren

Konkret hat die Kommission die Absicht, den Aufbau EU-weiter gemeinsamer interoperabler Datenräume in strategischen Sektoren zu finanzieren. Mit diesen Datenräumen sollen rechtliche und technische Hindernisse beseitigt werden, die einer Weitergabe von Daten zwischen Organisationen entgegenstehen. Dazu werden die erforderlichen Instrumente und Infrastrukturen mit Mechanismen und Strukturen kombiniert und Fragen des Vertrauens geregelt, beispielsweise mithilfe gemeinsamer Regeln für die Datenräume. Diese Datenräume werden Folgendes umfassen: i) die Einführung von Werkzeugen und Plattformen für die gemeinsame Datennutzung; ii) die Schaffung von Rahmenbedingungen für die Daten-Governance; iii) die Verbesserung der Verfügbarkeit, Qualität und Interoperabilität der Daten – sowohl in sektorspezifischen Zusammenhängen als auch sektorenübergreifend. Mit den Mitteln werden ferner die Behörden in den Mitgliedstaaten dabei unterstützt, hochwertige Datensätze für die Weiterverwendung in den verschiedenen gemeinsamen Datenräumen zur Verfügung zu stellen.

Art der Datenräume

  • ein gemeinsamer europäischer Industriedatenraum (Fertigung) zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und Leistung der Industrie in der EU, der es ermöglicht, den potenziellen Wert der Nutzung nicht personenbezogener Daten in der verarbeitenden Industrie auszuschöpfen (schätzungsweise 1,5 Billionen EUR bis 2027);
  • ein gemeinsamer europäischer Datenraum für den europäischen Grünen Deal, um das große Potenzial von Daten zur Unterstützung der vorrangigen Maßnahmen im Rahmen des Grünen Deals im Hinblick auf die Bekämpfung des Klimawandels, die Kreislaufwirtschaft, das Null-Schadstoff-Ziel, die Biodiversität, die Entwaldung und die Gewährleistung der Einhaltung der Vorschriften zu nutzen. Die Initiative „GreenData4All“ sowie das Projekt „Destination Earth“ (Ziel Erde) (ein digitaler Zwilling der Erde) werden konkrete Maßnahmen abdecken;
  • ein gemeinsamer europäischer Mobilitätsdatenraum, um Europa bei der Entwicklung eines intelligenten Verkehrssystems, einschließlich vernetzter Fahrzeuge und anderer Verkehrsträger, zum Vorreiter zu machen. Ein solcher Datenraum wird den Zugang, die Zusammenführung und die gemeinsame Nutzung von Daten aus bestehenden und künftigen Verkehrs- und Mobilitätsdatenbanken erleichtern;
  • ein gemeinsamer europäischer Gesundheitsdatenraum, der für Fortschritte bei der Prävention, Erkennung und Heilung von Krankheiten sowie für fundierte, faktengestützte Entscheidungen zur Verbesserung der Zugänglichkeit, Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme von wesentlicher Bedeutung ist;
  • ein gemeinsamer europäischer Finanzdatenraum, der durch eine verbesserte Datenweitergabe Innovationen, Markttransparenz, ein nachhaltiges Finanzwesen, aber auch den Zugang zu Finanzmitteln für europäische Unternehmen und einen stärker integrierten Markt fördern soll;
  • ein gemeinsamer europäischer Energiedatenraum, mit dem eine bessere Verfügbarkeit und eine sektorübergreifende Datenweitergabe auf kundenorientierte, sichere und vertrauenswürdige Weise gefördert werden soll, denn dies würde innovative Lösungen erleichtern und die Dekarbonisierung des Energiesystems unterstützen;
  • ein gemeinsamer europäischer Agrardatenraum, um die Nachhaltigkeit, Leistung und Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors durch die Verarbeitung und Analyse von Erzeugungs- und anderen Daten zu verbessern, sodass eine präzise und maßgeschneiderte Anwendung von Erzeugungskonzepten auf Betriebsebene möglich wird;
  • gemeinsame europäische Datenräume für die öffentliche Verwaltung, um sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene die Transparenz und Rechenschaftspflicht bei den öffentlichen Ausgaben und die Ausgabenqualität zu verbessern und Korruption zu bekämpfen, um die Strafverfolgung zu erleichtern, die wirksame Anwendung des EURechts zu unterstützen und innovative Anwendungen für IT-gestütztes Regierungshandeln („Gov-Tech“), IT-gestützte Regulierung („Reg-Tech“) und ITgestützte Rechtspflege („Legal-Tech“) zur Unterstützung der praktischen Nutzer sowie anderer Dienste von öffentlichem Interesse zu ermöglichen;
  • ein gemeinsamer europäischer Kompetenzdatenraum, um das Missverhältnis zwischen dem System der allgemeinen und beruflichen Bildung einerseits und dem Bedarf des Arbeitsmarktes andererseits zu verringern

 

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