Von Ralf Keuper

Dass es sich bei dem ID-Geschäft um das nächste große Ding handelt[1]ID-Geschäft „das nächste große Ding”, lässt sich an der Zahl neuer Initiativen ablesen, die sich zum Ziel gesetzt haben, eine globale Vertrauensinfrastruktur auf Basis verifizierter Digitaler Identitäten bzw. verifizierter Identitätsmerkmale zu errichten – natürlich auch diesmal ohne maßgebliche Beteiligung aus Europa.

Da wäre zum Beispiel die Trust over IP (ToIP) Foundation, die auf Basis des neuen W3C Verifiable Credentials Standards dafür sorgen will, dass Personen und Unternehmen sich darauf verlassen können, dass die Daten aus einer vertrauenswürdigen Quelle kommen[2]Digital identity consortium forms to develop trust ecosystem.

Gründungsmitglieder des Konsortiums: Accenture, BrightHive, Cloudocracy, Continuum Loop, CULedger, Dhiway, esatus, Evernym, Finicity, Futurewei Technologies, IBM Security, IdRamp, Lumedic, Mastercard, MITRE, the Province of British Columbia and SICPA. Contributing members include DIDx, GLEIF, The Human Colossus Foundation, iRespond, kiva.org, Marist College, Northern Block, R3, Secours.io, TNO and University of Arkansas.

Einziges deutsches Unternehmen: esatus. Europäisches Forschungsprojekt mit ähnlichem Schwerpunkt wie ToIP: LIGHTest.

Der Chef der Linux-Foundation, Jim Zemlin, wird mit den Worten zitiert:

The ToIP Foundation has the promise to provide the digital trust layer that was missing in the original design of the Internet. The combination of open standards and protocols, pan-industry collaboration and our neutral governance structure will support this new category of digital identity and verifiable data exchange.

Den Rahmen für die Governance liefert die Linux Foundation:

The Linux Foundation’s open governance model enables the ToIP Foundation to advance a combination of technology and governance standards for digital trust in a neutral forum that supports pan-industry collaboration. An open governance model that can be integrated into the development of the standards for digital trust is essential where the business, legal and social guidelines for technology adoption impacts human trust and behavior.

Jetzt könnte man sagen: Linux – das ist doch eine europäische Open Source – Initiative! Ja – allerdings der Sitz der Linux Foundation befindet sich in ….. den USA.

Hier eine Übersicht der Hauptfinanzierer der Linux Foundation[3]Linux Foundation:

In Großbritannien gab dieser Tage das Alan Turing Institute den Start des auf vier Jahre angelegten Projektes Trusted digital infrastructure for identity systems bekannt. Dessen Ziel ist es, die weltweite finanzielle Inklusion sowie den Zugang zu staatlichen Gesundheits- und Bildungssystemen zu fördern. Die Forschungsgelder in Höhe von 4,3 Mio. Pfund werden von der Bill und Melina Gates – Stiftung zur Verfügung gestellt[4]The Alan Turing Institute partners to research security and privacy technologies in digital identity systems. Weiterer Partner ist die Weltbank.

In China wird derweil das Blockchain-Based Service Network (BSN) eingeführt. Ein wichtiges Element ist das Identitätsmanagement[5]Gläserne Menschen in intelligenten Städten. Das BSN soll auch dazu dienen, Chinas Einfluss auf die Datenströme und die Identitäten der Personen, Unternehmen und Maschinen auf der Neuen Seidenstraße zu sichern[6]Die Neue Seidenstraße führt die erfolgskritische Bedeutung der Maschinenidentitäten vor Augen.

Immerhin: Vor wenigen Tagen gab das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Verlängerung der Förderung der International Data Spaces Association (IDSA) bekannt.

Zusammen mit GAIA-X soll die IDSA mit dem IDS-Connector den Eckpfeiler der europäischen Vertrauensinfrastruktur für den sicheren Austausch von Daten und digitalen Identitäten bilden.

Ob das reicht?

Es verstärkt sich der Eindruck, dass auch die nächste “Sprunginnovation” nicht Made in Germany sein wird – bzw. sie wird erneut über Umwege den Weg zu uns zurückfinden. An Forschungsprojekten, die zeigen wie es gehen könnte, hat es hier noch nie gefehlt, wohl aber an der Umsetzung in der Praxis.