“Im nächsten Jahrtausend”, erzählt uns Nicholas Negroponte in seinem Buch Being Digital, “werden wir merken, dass wir ebenso viel oder sogar mehr mit Maschinen als mit Menschen reden. Was die Leute am meisten zu beunruhigen scheint, sind ihre Skrupel zu unbelebten Objekten zu sprechen”. Negroponte räumt ein, dass wir “Skrupel” haben, aber er mag diese Skrupel nicht. Er sieht eine Zeit voraus, in der wir einen Türknopf oder einen Toaster ansprechen, und sagt voraus, dass es uns nicht unangenehmer sein wird, als wenn wir etwas auf einen Anrufbeantworter sprechen. Dazu, wie es uns verändern könnte, wenn wir auf Türknöpfe einreden, fällt ihm nichts ein (und weshalb es keineswegs angenehm ist, auf einen Anrufbeantworter zu sprechen, kommt ihm nicht in den Sinn). …

Die zuvörderst auf der Hand liegende Frage, die hinsichtlich jeglicher neuer Technologie zu stellen wäre – in bezug auf interaktives Fernsehen, virtuelle Realität, das Internet oder auch Türknöpfe und Toaster, die menschliche Sprache “verstehen”: Was ist das Problem, für das diese Technologie die Lösung bietet?.

Diese Frage muss gestellt werden, weil es Technologien gibt, die verwendet  – die sogar erfunden – werden, um damit Probleme zu lösen, die kein normaler Mensch für wichtig halten würde. Selbstverständlich lässt sich jede Technologie so vermarkten, dass die Illusion des Bedeutenden geschaffen wird, aber ein intelligenter und wacher Mensch muss das ja nicht glauben. … .. nehmen wir die Möglichkeit, Türknöpfe anzusprechen, so dass sie beim Klang unserer Stimme die Tür öffnen. Welches Problem wird damit gelöst? Ist das Türöffnen eine Belastung? Geht es darum, die Tür sicherer vor Einbrechern zu machen? Oder geht es nur darum, unseren technischen Genius zu feiern?

Quelle: Müssen Toaster sprechen?, in Süddeutsche Zeitung vom 15./16. Mai 1999