Von Ralf Keuper

In der Vergangenheit bezog Europa seine Stärke aus seiner dezentralen Gliederung. Kein staatliches Gebilde, kein Königreich war so mächtig, das es allen anderen seinen Willen aufzwingen konnte. Das sorgte für Wettbewerb und Vielfalt (Vgl. dazu: Warum Europa? Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs). Dieser Befund gilt – wenngleich in stark abgeschwächter Form – auch für die heutige Zeit. Zwar vereint die EU eine beachtliche Machtfülle; in der Wirtschaft und in der Politik verfolgen die einzelnen Mitgliedsländer jedoch häufig einen eigenen Kurs. Die Entscheidungsfindung gestaltet sich daher entsprechend schwierig.

Europa in der Daten – und Plattformökonomie nur ein Randakteur

In der Daten- und Plattformökonomie gerät der dezentrale bzw. föderative Ansatz schnell an sein Limit. Nur Unternehmen in Ländern mit einem großen homogenen Heimatmarkt, wie die USA und China, erreichen quasi aus dem Stand die nötigen Netzwerkeffekte, um ihr Geschäftsmodell so schnell und effizient wie möglich zu verbreiten bzw. zu skalieren. Beispielhaft dafür sind facebook, Google, Amazon, Alibaba und Tencent. Deren Erfolg beruht im großen Umfang auf der Verarbeitung und Verwertung der Daten, die auf ihren Plattformen von den Nutzern und Geräten erzeugt werden. Je mehr Daten für Auswertungen zur Verfügung stehen, um so besser können die Services, Produkte und Preise an die Bedürfnisse der Kunden angepasst und Marktveränderungen frühzeitig antizipiert werden. Heute kommen die Nutzer, wenn sie sich im Netz bewegen, kaum noch an den sozialen Netzwerken, Geräten und Betriebssystemen von Google, Apple, Microsoft, Samsung und facebook vorbei. Damit beherrschen die Technologiekonzerne (“Big Tech”) d…

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